Hochflexible Fertigung elektronischer Sicherheitsmodule

abstraktes Bild Struktur

Kunde

Die Dipl.-Ing. W. Bender GmbH & Co. KG fertigt in Grünberg Schaltgeräte zur Sicherung und Überwachung elektrischer Stromkreise. Die bestückten Platinen kommen dazu aus dem Bender SMD-Werk in Siersleben in Ostdeutschland. Der Fertigungsprozess besteht aus den Fertigungsschritten

  • Kommissionierung
  • Platinen Fertigbestückung (THT Bestückung)
  • Teilweise mechanische Bearbeitung/Laserbedruckung
  • Montage
  • Prüfung
  • Verpackung/Versand.

Die Produktion war in gewachsenen, einstöckigen Gebäudestrukturen untergebracht, die viel zu beengt waren und eine ergonomische Materialfluss- und Prozessgestaltung nicht zugelassen haben.

Der Auftraggeber plante daher den Neubau einer unterkellerten, einstöckigen Fertigungshalle mit Tiefgarage und zentraler Heizungs- und Energieversorgung. Die Halle sollte im Bereich bestehender und damals von dem Auftraggeber benutzen Hallen, errichtet werden. Die Planung für das Gebäude war weitgehendst abgeschlossen, der Bauantrag war in Vorbereitung.

Das zum Projektbeginn angetroffene Produktportfolio sah folgendermaßen aus:

  • 1.100 verschiedene Gerätetypen
  • 1.200 verschiedene Baugruppen
  • 390 verschiedene SMD Baugruppen
  • 1.000 Baugruppen ohne Mechanik

Folgend einige Beispiele von verschiedenen Produktionslägern zu Projektstart:

Aufgabenstellung

Aufgabe war es für die kpl. Fertigung, einschließlich Prüffeld, ein optimales Fertigungskonzept zu entwickeln, welches genau auf die Bedürfnisse des Auftraggebers zugeschnitten war. Dazu gehörten folgende Forderungen:

  • Fertigung nur nach Kundenaufträgen,
  • Hochflexible, chaotische Fertigung alle Geräte ohne umzurüsten,
  • Flexible Integration neuer Produkte,
  • Losgrößen min. 1 Stück, max. offen,
  • DLZ max. 0,5 Tage,
  • Keine Lagerfertigung,
  • Durchgängige Traceability,
  • Direkte Übernahme der Daten von SAP.

Die Aufgabe gliederte sich in die Projektschritte der Prozessanalyse und der anschließenden Planungsphase mit den Teilaufgaben:

  • Grob- und Detailplanung (Prozess & Logistik),
  • Layoutplanung,
  • Erstellung der Lastenhefte,
  • Lieferantenauswahl und –bewertung.

Vorgehen

Die Projektarbeit wurde vor Ort beim Auftraggeber durchgeführt. Das Projektteam bestand aus 3 Mitarbeitern der COLCO GbR sowie dem Produktionsleiter und den Fachbereichsleitern des Auftraggebers. Der Fortgang der Projektarbeit wurde in einer wöchentlichen Teamsitzung festgestellt und dokumentiert. Die diversen Aufgaben, Verantwortungen und Termine wurden mittels Aktionsliste nachgehalten. Entscheidungen wurden in einer Entscheidungsliste dokumentiert.

PROZESSANALYSE

Im Rahmen der Verlagerung der Produktion in die neue Halle, wurde im Vorfeld eine Prozessanalyse durchgeführt. Ziel war die Aufdeckung vorhandener Verschwendungen (Muda) und von Produktivitätsverlusten. Dazu wurde auch eine Wertstromanalyse durchgeführt.
Die einzelnen Prozesse wurden vor Ort analysiert und die vorhandenen Optimierungspotenziale zur

  • Eliminierung von Ausfall-, Transport- und Wartezeiten,
  • Optimierung und Flexibilisierung der Abläufe und Prozesse,
  • Verbesserung des Materialflusses und der Materialversorgung,
  • Optimalen Layoutkonzeption,

wurden ermittelt und bewertet. Des Weiteren wurden die zur Realisierung notwendigen Planungs- und Umsetzungsaufwendungen sowie die notwendigen Investitionen abgeschätzt.

Diese Aufgabe wurde in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Mitarbeitern vor Ort durchgeführt.

Ziel dieser Maßnahme war es, eine abgestimmte und belastungsfähige Planungsvorgabe für die nachfolgende, detaillierte Neuplanung und Layouterstellung sowie eine Aussage über die Wirtschaftlichkeit der Neugestaltung zu erhalten.

Die Prozessanalyse ergab bei einer Mitarbeiterproduktivität von 77% in Summe vermeidbare Kosten (Ratiopotenzial) in Höhe von ca. 1,6 Mio. Euro.

PLANUNGSPHASE

Der Auftragsumfang für die Planungsphase beinhaltete die Schritte:

  • Optimierung der vorhandenen Betriebsmittel,
  • Planung neuer Betriebsmittel und Einrichtungen,
  • Erstellung der notwendigen Lastenhefte,
  • Planung Materialfluss und Materialversorgung (z.B. Kanbansysteme),
  • Planung evtl. neuer Montagesysteme, entsprechend den Ansätzen einer modernen, schlanken Produktion (Lean Production),
  • Wertstromdesign der neuen Fertigung,
  • Betriebsmittel-Lieferantenauswahl und Lieferantenüberwachung,
  • Erstellung des detaillierten Fertigungslayouts,
  • Dokumentation und Präsentation der Ergebnisse.

Basierend auf den Ergebnissen der Prozessanalyse und den Anforderungen des Auftraggebers wurde ein Konzept entwickelt, bei dem die einzelnen Arbeitsplätze mit einem hochflexiblen Paletten Transportsystem, chaotisch angesteuert werden können. Dabei sind immer deutlich mehr Arbeitsplätze (eingerichtet auf verschiedene Gerätetypen) vorhanden als Mitarbeiter benötigt werden. Die MA besetzen dann die AP so wie die Teile zu fertigen sind. Das Transportsystem erfüllt die Aufgabe des Transports der Einzelteile und Baugruppen aus dem Lager zu den einzelnen Arbeitsplätzen und von dort aus den Transport der fertig montierten Geräte ins Prüffeld und nach erfolgreicher Prüfung weiter zur Kennzeichnung und Verpackung.
Ist ein Arbeitsplatz besetzt, so dient das Transportband gleichzeitig als Pufferstrecke. Auf Grund der redundanten Anzahl der Arbeitsplätze, können diese immer eingerichtet bleiben. Innerhalb der chaotischen Fertigungsreihenfolge werden automatisch immer die für das jeweilige Produkt relevanten Arbeitsplätze angesteuert. Damit entfallen auch sämtliche Rüstzeiten.

Nach der Konzepterstellung wurde die Planung der Umsetzung durchgeführt und für den Fertigungsbereich der neuen Halle, basierend auf diesen Daten, ein detailliertes, maßstäbliches Layout erstellt. Dies enthielt sämtliche Betriebseinrichtungen, Wege- und Lagerflächen. Das Layout wurde in 3D, farbig und in einzelne „Layer" untergliedert erstellt.

Ziel war es ein, den Anforderungen des Auftraggebers entsprechendes, optimales Fertigungslayout, einschließlich der Umsetzungsplanung zu erstellen. Dabei mussten auch die schon angedachten, weiteren baulichen Erweiterungen berücksichtigt werden. Dieser Projektschritt beinhaltete alle Planungsabläufe bis einschließlich Inbetriebnahme der neuen Fertigung.

Ein besonderer Focus innerhalb der Planungsphase lag auf der Erstellung umfangreicher Lastenhefte zur detaillierten Beschreibung der Systemanforderungen für die Lieferanten. Dabei war klar, dass für das Transportsystem einschließlich aller darin zu integrierenden Betriebsmittel wie

  • Spezielle Transportpaletten,
  • Automatische Schraubstation,
  • Laserbeschriftungsstation,
  • Optische Prüfzellen,
  • Automatische Funktionsprüfzellen,
  • Steuerung,

der gesamten Anlage nur ein Generallieferant in Frage kam.

Die der Angebotsphase folgende Lieferanten-, Angebots- und Systembewertung war sehr umfangreich und beinhaltete mehrere Vorstellungs- und Abstimmungsrunden mit den relevanten Lieferanten. Letztendlich wurde mittels einer Lieferantenbeurteilung der geeignetste Lieferant ermittelt. Danach wurde das Projekt zur Realisierung an den Auftraggeber übergeben.

Nutzen

Die gesamte Anlage wurde im Jahr 2012 wie geplant bestellt, in 2013 bei unserem Auftraggeber aufgebaut und in Betrieb genommen. Seit Juni 2013 wird auf der gesamten Anlage produziert. Nach der Einlaufphase konnten schon im Oktober 2013 mit der gleichen Mitarbeiterzahl 30% mehr Teile gefertigt werden. Weitere damit einhergehende Effizienzsteigerungen sind, im Rahmen der laufenden Maßnahmen zur Systemoptimierung, zu erwarten. Zum Zeitpunkt der Drucklegung lagen noch keine Vergleichszahlen über die darüber hinaus zu erwartenden, monetären Einsparungen vor.

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